Unser Stadtgedächtnis Unser Stadtgedächtnis, das natürlich auch ein Stadtteil- gedächtnis ist, kann sehr leicht innerhalb unseres doch beträchtlich ausgedehnten Stadtkörpers lokalisiert werden: Es ist das Stadtarchiv in der Norishalle am Ring. Das Stadtarchiv ist eine Einrichtung, die der geistigen Gesundheit einer Gesellschaft sehr förderlich ist, denn sie verhindert so etwas wie kollektive Demenz. Das Stadtarchiv kümmert sich um die Zeit von 1050 bis 2020. Die im gleichen Gebäude untergebrachte Natur- historische Gesellschaft greift zwar noch einige Millionen Jahre weiter zurück, aber was wir mit Nürnberg verbinden, ist halt erst um 1050 urkundlich greifbar. Ich meine, 17,5 km Unterlagen sind genügend Gedächt- nisstoff. Es ist hier nicht der Ort, einen Katalog darüber auszubreiten, was alles in den Regalen auf den Forscher oder interessierten Mitbürger wartet. Ich beschränke mich auf persönliche Bemerkungen, schließ- lich bin ich mit dem Stadtarchiv seit nahezu 50 Jahren vertraut. Damals, vor 50 Jahren, beschäftigte ich mich mit dem Süddeutschen Jakobinertum zur Zeit der Französischen Revolution, später durchstöberte ich mit Schülern das „Stürmer-Archiv“, das Redaktionsarchiv der antisemitischen Zeitschrift, ein Projekt zum Herero-Aufstand 1904 kommt um den Nachlass des Offiziers Friedrich Stahl nicht herum … Und unser Stadtteil? Da schauen wir am besten in unsere Stadtchronik, die seit ca. 200 Jahren die Ereignisse Tag für Tag festgehal- ten hat. Wenn wir etwas über unseren Stadtteilchronisten Ludwig Eisen, erste Hälfte des 20. Jh., erfahren wollen, dann müssen wir ins Stadtarchiv … Also, jeder, der Familienforschung betreibt, historische Fotos sucht, über Stadtteilgeschichte etwas schreiben möchte, sollte sich dem Stadtarchiv und seinen kooperativen Mitarbeitern anvertrauen. Wichtig ist für uns aber auch, dass Familiendokumente, vernichtet, sondern dem Stadtarchiv übergeben werden die sich in Ihren Händen befinden, nicht vom Reißwolf sollten. Das können auch an sich belanglose Schriften sein: Eine Rechnung, eine Tagebuchaufzeichnung, eine Kalender- notiz über das Ende des Zweiten Weltkriegs, eine Postkarte. In den letzten Jahren werden gesprochene Erinnerungen, unter dem Titel „Menschen machen Stadtgeschichte“ vom Archiv gesammelt. Einige unserer Mitglieder haben daran schon teilgenommen. Es geht dabei nicht um „Vergangenheitsbewältigung“ - ein schon allein sprachlich gräßliches Wort – sondern um „Erinnerungskultur“. Hier müsste ich weiter ausholen und auf die mit vielen unserer Mitglieder geführten Gespräche über ihre Lebenserinnerungen eingehen. Das muss ich mir hier versagen. Übrigens, auch die Geschichte unseres Bürgervereins könnte Gegenstand einer „Gedächtnisübung“ sein. Vielleicht finden wir einige Vereinshistoriker unter uns. Klaus Thaler – 18 –